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SMART trainieren – auch Zuhause

September 3, 2020

Mehr als je zuvor setzen wir derzeit auf effektive Home-Workouts. Doch auch beim Sport in den eigenen vier Wänden, gibt es Regeln und Tipps für mehr Effektivität. Philipp Kunz, promoviert in Sportwissenschaften und trainiert die Profis. Er ist Athletiktrainer des FC Würzburger Kickers und verrät, worauf es beim fitter werden wirklich ankommt.

Aller Anfang ist schwer. Was rätst du Frauen und Männern, die anfangen wollen, Sport zu treiben?  

Philipp Kunz: „Das Schwierigste am Anfang ist die Motivation. Denn diese lässt gerne nach ein paar Tagen oder Wochen nach. Wenn die da ist, gibt es ein paar Grundsätze, die man beachten sollte. Aber dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen.“

Und was tue ich für die Motivation?

Philipp Kunz: „Smart trainieren. Das ist eine Methode, die dabei helfen kann seine Ziele zu erreichen und vor allem sich immer wieder aufs Neue zu motivieren.“

Was bedeutet SMART?

Philipp Kunz: „Das „S“ in SMART steht für spezifisch. Das bedeutet, dass man sich ein spezifisches Ziel setzen sollte. Manche wollen einfach fitter werden. An für sich, ist das ein tolles Vorhaben, aber dieses Ziel ist schlecht messbar. Und damit kommen wir zu dem „M“ in SMART: Messbar machen. Wer sich ein Ziel setzt, sollte dieses messbar machen. Nur so kann man überprüfen, ob man sich verbessert hat. Und das ist ja auch irgendwie der Anreiz. „A“ steht für Attraktiv. Setze Dir ein Ziel, das du wirklich erreichen willst. Überlege dir das „warum“ dahinter. Das „R“ steht für realistische Ziele. Ein Marathon-Lauf ist zum Beispiel ein super Ziel, aber nicht, wenn man vorher erst zweimal in seinem Leben joggen war. Realistische Ziele beugen auch Frustration vor. Das „T“ seht für terminieren. Das heißt, verbindlich planen. Setze dir ein messbares und realistisches Ziel, dass du in einer bestimmten Zeit erreichen möchtest. So kann man Schritt für Schritt seine Ziele anpassen und schafft mehr Erfolgserlebnisse. Ich empfehle dazu außerdem ein Sport-Tagebuch. Schreibe deinen Status-Quo auf, setze dir ein Ziel und protokolliere, was du getan und schlussendlich erreicht hast.“

Dann steht einem guten Start ja nichts mehr im Wege oder?

Philipp Kunz: „Eigentlich nicht. Jeder kann anfangen fitter zu werden und Sport zu treiben. Ein paar Grundregeln gibt es dennoch zu beachten. Um wirklich Erfolge zu sehen ist es wichtig, kontinuierlich zu trainieren. Kontinuität ist ja eigentlich in allen Lebensbereichen, in denen man besser werden möchte, wichtig. Lieber also langsam anfangen, dafür aber regelmäßig.

Der nächste wichtige Aspekt ist die progressive Steigerung. Wer beginnt zu trainieren wird nach 2-4 Wochen bereits Erfolge bemerken. Das Herzkreislaufsystem sowie die Skelettmuskulatur passen sich relativ schnell an. An dieser Stelle darf man aber nicht den Fehler machen, es zu übertreiben. Es motiviert ja unheimlich, wenn man schnell Fortschritte bemerkt, aber man darf nicht vergessen, dass es auch andere Systeme im Körper gibt, die sich nicht so schnell anpassen. Wie zum Beispiel Bänder und Sehnen. Die können schnell mal überreizen, was dazu führen kann, dass man irgendwie Schmerzen empfindet. Der Klassiker: Das schmerzende Knie beim Joggen. Daher meine Empfehlung: Langsam steigern.“

Gibt es dafür eine Art Grundregel?

Philipp Kunz: „Jeder Mensch ist anders und es kommt natürlich auch darauf an, wie sportlich man bereits ist. Aber so Pi mal Daumen würde ich jede Woche maximal um 10% steigern. Im Cardio-Bereich ist das relativ einfach. Man kann länger, weiter, intensiver oder öfter laufen. Im Kraftbereich sprechen wir dann von mehr Wiederholungen, mehr Gewicht oder aber einfach mehr Einheiten. So kann man das gut quantifizieren. Daher empfehle ich an dieser Stelle wieder ein Sporttagebuch, um das alles zu protokollieren.“

Also fassen wir zusammen: Man sollte kontinuierlich trainieren und sich langsam steigern. Sind das die wichtigsten Grundregeln?

Philipp Kunz: „Um wirklich fitter und gesünder zu werden, sollte man ganzheitlich trainieren. Das bedeutet, dass man zwischen Kraft und Ausdauer variiert und auch dort in den Übungen wechselt. Wenn man zum Beispiel gerne laufen geht, bietet es sich an, nicht immer nur den lockeren Ausdauerlauf zu machen, sondern auch mal Intervallläufe oder einen Tempolauf.“

Wenn wir schon bei Cardio sind. Was ist dran, an dem Gerücht, dass man durch Cardio am schnellsten abnehmen würde?

Philipp Kunz: „Prinzipiell spielt die Ernährung beim Abnehmen die wichtigste Rolle. Das berühmte Sixpack hat wahrscheinlich jeder. Die Frage ist nur, ab wann man es sieht. Wenn man sich schlecht ernährt, kann man trainieren, wie man will. Denn beim Abnehmen gibt es eine einfache Regel: Erhöhe deinen Grundumsatz. Dein Grundumsatz ist das, was du verbrauchst, wenn du nichts tust. Es ist ein Irrglaube, dass man bei jedem Training unglaublich viel verbrennt und sich die Pizza oder den Proteinriegel danach verdient hätte. Deswegen ist es wichtig, seinen Grundumsatz Schritt für Schritt zu erhöhen. Und das gelingt am besten durch Muskelaufbau, also Krafttraining. Jemand mit viel Muskelmasse, verbrennt beim Netflixen auf der Couch viel mehr, als jemand mit wenig Muskelmasse.“

Also bleibt da nur der Gang ins Fitnessstudio?

Philipp Kunz: „Grundsätzlich lässt es sich auch super von Zuhause aus trainieren. Es kommt aber darauf an, an welchem Punkt du startest. Jemand der ein gewisses Niveau im Kraftbereich erreicht hat, kann sich irgendwann nur noch schwer steigern ohne Hilfsmittel, wie Gewichte etc. Aber Geräte braucht es nicht unbedingt. Vor allem am Anfang nicht. Da reicht häufig das eigene Körpergewicht. Und jede Übung lässt sich auch durch die Anzahl an Wiederholungen und Sätzen steigern.“

Also sind mehr Wiederholungen effektiver, als mehr Gewicht?

Philipp Kunz: „Wer Muskelmasse aufbauen will, sollte seine Muskeln wirklich beanspruchen. Und zwar so, dass sie ausgelastet sind. Stichwort: Muskelhypertrophie. Die klassische Regel lautet: 8-12 Wiederholungen, drei Durchgänge. Das ist das klassische Training. Danach sollte man aber auch an einem Punkt sein, dass der Muskel wirklich nicht mehr kann. Es bringt nichts, wenn der Muskel nach drei Durchgängen gar nichts merkt.

Wenn man an diesen Punkt nur noch mit mehr Gewichten kommt, dann sollte man das auch tun.“

Was ist wenn man diese drei Durchgänge erst gar nicht schafft?

Philipp Kunz: „Es gibt für jede größere Muskulatur Übungen für Zuhause ohne Geräte und für jede auch eine vereinfachte Form. Das heißt man kann anfangs auch eine einfachere Variante wählen und dann langsam steigern.“

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